Ehrgeiz, Fleiss, Willen und Disziplin hat die Sportgymnasiastin der Kantonsschule Solothurn wohl geerbt. Den Trainer-Feinschliff bringt der ambitionierten Juniorin seit sechs Jahren die erfahrene Heidi Hauri bei, die mit ihrer Irländer Stute Jessica Reitsportgeschichte schrieb. Olympia-Bronze 1984 in Los Angeles und EM-Silber 1985 in Dinard im Einzel und mit der Mannschaft waren die herausragenden Erfolge der Schwester von Max Hauri aus Seon.
Für die Organisation und die Transporte ist Mama Alexandra zuständig. Sie war jahrelang aktive Springreiterin, bestritt Turniere bis MII-Niveau und stammt aus einer ost-preussischen Pferdefamilie, die Trakehner gezüchtet hat. Emilies älterer Bruder Philipp, der Maschinen-Ingenieur studiert und derzeit seine Militärdienstpflichten erfüllt, ist ebenfalls im Besitze der Lizenz wie der jüngere Bruder Victor (14), der seiner Schwester nacheifert und in diesem Jahr an den Children EM in Comporta (Por) teilnahm. Als fachkundige Pferdepflegerin arbeitet Wiebke Schmidt bei den Stampflis. Die Deutsche war zuvor schon bei Beat Mändli, Paul Estermann und Thomas Fuche engagiert und darf seit Anfang 2011 auch die Pferdetransporter selbst steuern.
Lehrgeld bezahlen
Seit September haben sich die Stampflis im schmucken Reit- und Pferdezuchtzentrum Lindenhof bei Urs Steiner in Obergerlafingen mit fünf geräumigen und lichtdurchfluteten Freistallboxen eingemietet. Urs Steiner stellt «Emi» auch die achtjährige Hannoveranerstute Elektra zur Verfügung, die für die Zukunft einiges verspricht. Das Zentrum verfügt über einen Sandplatz (40 x 80 m) mit Flutlichtanlage und eine helle Reithalle (30 x 60 m) mit Tribüne, Richterhaus und Restaurant, 32 hochmoderne Pferdeboxen, Solarium, Pferde-Karussell, Umzieh- und Geräteräume. Ein Bijou für Pferde und Reiter. Nikita du Luot und Alessa Z sind die Stars im Stall und in Emilies Eigenbesitz. Bruder Victor teilt sich mit Emilie die siebenjährige Selle-Français-Fuchsstute Queode Historique, quasi eine wörtliche Verbindung zum geschichtsträchtigen Elternhaus am Steingraben.
Mit ihrem Lieblingspferd, der zehnjährigen Franzosen-Stute Nikita, wurde Emilie Stampfli Junioren-Championne. «Ich bin seit vier Jahren Besitzerin von Nikita, die wir von Max Hauri erworben haben. Sie verfügt über viel Kampfgeist, einen starken Charakter und ist nur manchmal etwas zickig», beschreibt «Emi» die Vorzüge ihres Lieblingspferdes, dessen Vater Flipper d’elle und deren Mutter Harmonica du Luot ist. Trotzdem durfte sie nicht mit ihr an der EM in Comporta teilnehmen. «Die Selektionsbehörde zog Alessa vor, mit der ich mich auch gut verstehe und die einfacher und angenehmer zu reiten ist. Aber sie ist erst achtjährig, wenig erfahren und noch nicht so durchlässig wie gewünscht», beurteilt sie die Reiterin.
Dennoch begann die Solothurnerin an der Nachwuchs-EM in Portugal ausgezeichnet. Null Punkten in der Startprüfung folgte ein «Doppelnuller » im Nationenpreis. Emilie führte mit der jungen Zangersheide-Stute von Acord II x Charisma Z vor dem Final die Einzelrangliste an, das Schweizer Junioren-Team war auf Bronzekurs. Da folgte der Einbruch. «Ich fühlte es schon auf dem Abreiteplatz. Alessa ist im Maul schwierig und enorm stark. Im Parcours rannte sie mir davon», erzählt sie nachdenklich. 8 und 13 Punkte belasteten das Konto, was «nur» Rang 15 ergab, eine Ernüchterung für die ehrgeizige junge Frau. «Der aufgebaute Parcours kam unseren Fähigkeiten nicht entgegen. Vielleicht hätten wir die Zäumung wechseln sollen. Aber im Nachhinein ist man oft klüger.»
Fünf Klassierungen in Ascona
Emilies Lieblingsturnier ist Babenhausen in Südhessen, wo sie Vierte des Grand Prix vor zwei Jahren war. Vielleicht könnte aber der CSI Ascona bald zu ihrem favorisierten Turnier werden, denn am Dreistern-CSI am Lago Maggiore im Juli vermochte sich die 17-Jährige bei ihrem ersten Start auf diesem Niveau fünfmal zu klassieren. Mit Alessa (4., 5. und 14.) und Nikita (4.) ritt sie in internationalen Springen ins Geld, mit Queode bei den Youngsters (10.). Bruder Victor, der einst bei den YB-Junioren dem Fussball nachjagte, rundete mit einem 8. Platz auf seinem eigenen Pferd Lutin des Ibis in der Amateur-Challenge den gelungenen Tessiner Ausflug der Familie Stampfli ab. «Emilie ist äusserst nervenstark. Sie hört genau zu und setzt Vorgaben und Korrekturen gut um», lobt Heidi Hauri ihre gelehrige Schülerin.
Heidi Hauri und Marcus Ehning sind denn auch «Emis» Vorbilder. «Bei Heidi bewundere ich ihren Pferdeverstand, Marcus Ehning imponiert mir durch seinen Stil und sein Gefühl für die Pferde. Bei ihm sieht alles so ungezwungen und leicht aus.» Ihr Weg an die Spitze sei allerdings noch weit, meint Emilie. Trotzdem ist für sie klar:
«Ich möchte mein Steckenpferd zum Beruf machen – aber erst nach abgeschlossener Matura.»
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