Beim Menschen ist sie längstens etabliert, bei den Pferden hat die Pflanzenheilkunde oder Phytotherapie in den vergangenen Jahren immer mehr an Akzeptanz gewonnen. Doch auch bei der Verabreichung von Pflanzen und Kräutern sind genaue Kenntnisse nötig, der lapidare Spruch «Nützt es nichts, so schadet es nicht!» ist fehl am Platz und kann in seltenen Fällen zu einem Dopingfall führen.
Die Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) wird heutzutage vermehrt beim Pferd eingesetzt. Der Einsatz von Heilpflanzen und -kräutern findet sich auch vermehrt beim Sportpferd und soll gewisse synthetisch hergestellte Medikamente ersetzen mit dem Gedanken, die Dopingbestimmungen nicht zu umgehen. Jedoch gibt es auch in der Phytotherapie gewisse Einschränkungen zu beachten. Häufig gefütterte Kräuter und Pflanzen, um Schmerzen des Bewegungsapparates zu lindern, sind beispielsweise Ingwer, Teufelskralle, Weihrauch und viele andere mehr.
Unterschiedliche Bewertung
Nicht alle Inhaltsstoffe dieser Pflanzen werden in den verschiedenen Sportverbänden gleich gewertet. Der internationale Pferdesportverband FEI zum Beispiel hat genaue Vorstellungen, welche Stoffe eingesetzt werden dürfen und welche nicht, und publiziert eine Liste mit den verbotenen Substanzen. Diese Liste wird regelmässig aktualisiert und erweitert. Der Schweizerische Verband für Pferdesport (SVPS) hat am 1. April 2011 das Medikationsreglement der FEI übernommen. Bei anderen Sportverbänden (zum Beispiel Rennsport) ist dies weniger klar definiert.
Augen auf beim Kauf
Häufig bei Pferden eingesetzte Pflanzen stellen wir auf den folgenden Seiten näher vor. Zu empfehlen ist, die Pflanzen und Kräuter von bekannten Anbietern zu beziehen. Diese bieten für ihre meist gut kontrollierten Produkte gute Gewähr, dass die von ihnen angebotenen Phytotherapeutika keine schädlichen Stoffe enthalten.
Heilpflanzen
Teufelskralle (Harpagophytum procumbens)
Die Teufelskralle ist eine Pflanze, die in Namibia ihren natürlichen Lebensraum besitzt. Sie wächst unter trockenen und heissen Bedingungen. Ihre Wurzeln werden verarbeitet und für die Pflanzenheilkunde verwendet. Das in der Pflanze enthaltene Harpagosid wirkt durch die Hemmung der Cyclooxygenase entzündungshemmend und schmerzlindernd. Obwohl der Wirkstoff Harpagosid nicht auf der Dopingliste der FEI aufgeführt ist, wird empfohlen, zwei Tage vor dem Turnier keine Teufelskralle mehr zu füttern.
Ingwer (Zingiber officinale) Ingwer wächst in subtropischem und tropischem Klima. Von der Ingwerpflanze werden die Wurzeln als Gewürz oder Heilmittel eingesetzt. Die entzündungshemmenden Wirkstoffe des Ingwers sind die sogenannten Gingerole, welche selektiv die COX-2 hemmen. Ingwer wird nicht auf der FEIDopingliste aufgeführt.
Arnika (Arnica montana)
Arnika wächst in Europa im Gebirge auf nicht oder nur wenig gedüngten Wiesen. Es ist eine aromatisch duftende, krautige und ausdauernde, eine Wuchshöhe von 20 bis 60 cm erreichende Pflanze. Sie enthält mehrere Stoffe, die entzündungshemmend, antirheumatisch, antimikrobiell und immunstimulierend wirken. In erster Linie beruhen diese Wirkungen auf dem Vorkommen des Wirkstoffes Helenalin. Arnika sollte nur zur äusserlichen Anwendung gebraucht werden, zum Beispiel als Tinktur oder Teeaufguss. Oral aufgenommen führt die Pflanze sehr schnell zu einer Vergiftung (Ausnahme bei der homöopathischen Anfertigung). Arnika wird nicht auf der FEI-Dopingliste aufgeführt und kann somit auch bei Sportpferden angewendet werden.
Weihrauch (Gummi olibanum)
Das Harz des Weichrauchbaumes, heimisch in Indien, wird durch ein mehrmaliges Anschneiden der Baumrinde gewonnen. Die Substanz Boswelliasäure hemmt die 5-Lipoxygenase und die Cyclooxygenase und wirkt somit entzündungshemmend, immunsuppressiv und antimikrobiell. Studien an Ratten und Hunden bestätigen einen entzündungshemmenden Effekt. Auch der Wirkstoff des Weihrauchs wird nicht auf der FEI-Dopingliste aufgeführt.
Baldrian (Valeriana)
Die Baldrianwurzel wird in Form von Pulver oder Aufgüssen verwendet. Sie weist einen beruhigenden, sedierenden, antikonvulsiven (gegen Anfälle), spasmolytischen (gegen Krämpfe) und muskelrelaxierenden Effekt auf. Wie bei anderen Sedativa ist auch der Einsatz von Baldrian dopingrelevant und muss vier bis sechs Tage vor einem Turnier abgesetzt werden.
Kava kava (Piper methysticum)
Bei dieser Pflanze handelt es sich um ein Pfeffergewächs, es wird auch Rauschpfeffer genannt. Die Kavawurzel wird mit Wasser aufgegossen und so zubereitet. Vor allem die im Pfeffer enthaltenen Alpha-Pyrone wirken sedativ, angstlösend und muskelrelaxierend. Es wurden allerdings leberschädigende Effekte nachgewiesen, sodass gewisse Vorsicht beim Verabreichen geboten ist.
Weidenrinde (Salix)
Die Weide ist ein weitverbreiteter Baum, gehört zu den Weidengewächsen und kommt in allen nördlich gemässigten Zonen vor. Die Rinde der Weide wird getrocknet und als Tee aufgebrüht. Alle Weidenarten enthalten Salicyl, das im Körper zu Salicylsäure metabolisiert wird. Salicylsäure ist der bekannte Wirkstoff von Aspirin und wirkt fiebersenkend und entzündungshemmend. Deshalb ist die Gabe von Weidenrinde ganz klar dopingpositiv.
Adaptogene Heilpflanzen
Der Begriff adaptogen kommt aus dem alternativmedizinischen Wortschatz und beschreibt den Einsatz von Heilmitteln, welche den Organismus unterstützen, mit Stresssituationen umgehen zu können. Dazu gehören Pflanzen und Kräuter, welchen eine kreislauf- und immunstimulierende Wirkung nachgesagt wird.
Ginseng (Panax ginseng)
Ginseng gehört zur Kategorie der adaptogenen Heilpflanzen. Verwendet wird die getrocknete Wurzel, um Ermüdung, schlechter Immunabwehr und mangelnder Konzentration entgegenzuwirken. Die beschriebene Wirkung soll durch den Inhaltsstoff Ginsenosid erreicht werden. Dennoch erscheint der Begriff Ginsenosid nicht auf der FEI-Dopingliste.
Die Taigawurzel (Eleutherococcus senticosus)
Adaptogen wirkt ebenfalls die Taigawurzel, die auch sibirischer Ginseng genannt wird. Sie enthält Glykoside.
Weitere Stoffe
Es kommt selten vor, dass fertig gemischte Futtermittel oder Zusatzfuttermittel durch dopingrelevante Pflanzen und Kräuter «kontaminiert» sind. So werden durch Produktabfälle der Kakao-, Tee- oder Kaffeeaufbereitung die Substanzen wie Theobromin, Theophyllin und Coffein unwissentlich Ginseng Taigawurzel Mohnblume vom Pferd aufgenommen und im Falle einer Dopingkontrolle positiv getestet. Heutzutage sollten solche Fälle nicht mehr vorkommen, da die Futterhersteller sehr genau auf ihre Inhaltsstoffe achten.
Das in Peperoni oder Chili enthaltene Capsaicin wirkt schmerzstillend und durchblutungsfördernd. Der Wirkstoff wirkt zusätzlich lokal auf der Haut angewendet irritierend und ist verboten.
Morphin, das Opiat der Mohnblume, wirkt stark schmerzlindernd und ist deshalb dopingpositiv. Die Mohnblume kann auf Wiesen vorkommen, wo Pferde grasen, weshalb es ungewollt zu einem Dopingfall kommen kann.
Das in der Reiskleie enthaltene Gamma-Oryzanol wirkt anabol, das heisst, es soll die Muskelkraft und Muskelgrösse verbessern. Zwar findet sich in der Dopingliste der Name nicht, es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass diese Substanz verboten ist.
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