Nichts anderes als eine Reitbeteiligung wurde bei einer Facebook-Gruppe gesucht. Doch was dann kam, war reinstes Cybermobbing. Ein schlimmes Erlebnis für den Jungen, der aber doch noch zu einer Reitbeteiligung kam.
Auf Facebook eine Reitbeteiligung suchen, das wollte Alessandro Zolin aus Eiken und meldete sich bei einer Reitbeteiligungen vermittelnden Gruppe. Er beschrieb sich und seine Reitkenntnisse und stellte ein paar Bilder dazu. Als Kind auf dem Pferd, beim Ausreiten und in der Reitstunde. Doch anstatt dass andere Gruppenmitglieder geholfen hätten, eine passende Reitbeteiligung zu finden, kam es zum Cybermobbing. Leider ist dies kein Einzelfall.
Mobbing unter Jugendlichen beschränkt sich heute nicht mehr auf Zahnspange oder Brille im direkten Kontakt. Viele Mobbingattacken finden online statt, man spricht dann auch von Cybermobbing. Weil wir heute das Smartphone rund um die Uhr bei uns tragen, sind wir per Whatsapp, Snapchat, Facebook und Co. auch rund um die Uhr angreifbar.
Von Cybermobbing spricht man, wenn mehrere Personen eine andere via Internet oder Handy über eine längere Zeit absichtlich beleidigen, bedrohen, blossstellen oder belästigen. Gemäss der Schweizerischen Kriminalprävention SKP handelt es sich dabei unter anderem um die Verbreitung von falschen Informationen und Gerüchten oder peinlichen, verfälschten, freizügigen oder pornografischen Fotos oder Videos. Bekannt ist auch das Erstellen von Fake-Profilen, Beschimpfungen und Bedrohungen per Whatsapp, Snapchat oder SMS. Aber auch die Gründung von Hassgruppen, in denen wie in einem Gästebuch negative Äusserungen über Einzelpersonen gemacht werden können, zählt dazu.
Mangel an Empathie
Laura Brand, Projektleiterin bei der Schweizerischen Kriminalprävention SKP, sagt: «Wir führen keine Statistiken zum Thema Cybermobbing, deshalb kann ich keine genauen Angaben zum Alter der Täter und Opfer geben.» Meist trifft Cybermobbing jedoch Kinder und Jugendliche. Und oft kennen sich Opfer und Täter aus der realen Welt, auch wenn die Täter manchmal im Internet anonym bleiben können.
Cybermobbing ist für die Schweizerische Kriminalprävention ein Mangel an Sozial- und Medienkompetenz. Den Täterinnen und Tätern fehlt es an Empathie für das Opfer oder es ist ihnen gleichgültig. Mobberinnen und Mobber erhöhen ihre Stellung in der Gruppe, indem sie andere blossstellen und beschimpfen. In vielen Fällen ist sich die Täterschaft dabei nicht bewusst, dass verbotene Handlungen ausserhalb des Internets wie auch online strafbar sind.
Wie kann ich mich schützen?
Es ist wichtig, sich bewusst zu sein über eigene Handlungen im Internet wie beispielsweise den Umgang mit freizügigen Fotos. Das Internet vergisst nicht nur nie. Heutzutage ist es auch sehr einfach, Fotos zu kopieren, abzuändern und zu verbreiten. Die SKP hält dazu fest: «Gewisse Opfer sind im Vorfeld der Cybermobbing-Attacken unsorgfältig mit ihren Passwörtern umgegangen und haben sich vor dem Posten von Fotos, Videos und anderen Inhalten zu wenig informiert oder überlegt, welche Personen diese Posts sehen, verbreiten und missbrauchen könnten.» Der Grundsatz ist: heikle Fotos oder Kommentare im Zweifelsfall nicht posten! Denn über die Weiterverbreitung von einmal im Internet veröffentlichten Daten hat weder die Täterschaft noch das Opfer und auch nicht die Polizei eine wirksame Kontrollmöglichkeit.
Reitbeteiligung gefunden
Auf der Suche nach einer Reitbeteiligung erlebte Alessandro Zolin, was Cybermobbing bedeutet. Innert kürzester Zeit wurden seine Fotos von zahlreichen Gruppenmitgliedern kommentiert. Zu viel Zug am Zügel, schlechter Sitz und vieles mehr wurde bemängelt. Kommentare und Interpretationen, welche anhand eines Fotos gar nicht möglich sind. Und das in scharfem und beleidigendem Ton von ausschliesslich weiblichen und erwachsenen Mobberinnen. «Das Phänomen, dass Jugendliche von Erwachsenen gemobbt werden, sagt mir nichts. Aber es gibt grundsätzlich ganz unterschiedliche Konstellationen von Mobbing», erklärt Laura Brand. «Für mich war es im ersten Moment sehr schlimm», erklärt der 14-Jährige, «ich wusste zuerst nicht, was ich nun machen soll.» Selbstzweifel quälten ihn und er fragte sich, ob er den wirklich so schlecht auf dem Pferd sitzt, wie die User behaupteten. Er wandte sich dann an seinen Vater, der sehr viel reitet und ihm wieder Sicherheit gab. Im Nachhinein würde er keine Reitbeteiligung mehr über Facebook suchen, denn die ganze Sache habe recht weh getan. Viele hatten sich auch für ihn eingesetzt und positive Kommentare geschrieben. Und trotz allem – über den Beitrag hat er dennoch eine passende Reitbeteiligung gefunden.
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