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Reise in die Steppe

Fernab zwischen Russland und China liegt die Mongolei. Bis heute hat das Nomadenland seinen ursprünglichen Charakter bewahrt. In den Steppen gibt es keine störenden Zäune oder Strassen. Weite Teile des Landes sind nur zu Fuss oder mit dem Pferd erreichbar. Pegasus & Equitours Reiterreisen bietet verschiedene organisierte Reittouren in der Mongolei an. Sie führen durch Steppen, über Berge, durch Flusstäler und Naturparks. Eine gewisse Reiterfahrung wird für diese Touren vorausgesetzt. Eine zweiwöchige Reittour kostet ab CHF 1470.– pro Person inkl. Unterkunft, VP, Reiten, Gepäcktransport, Reiseleitung und Transfer ab/an Ulan Bator. Der Flug wird separat berechnet.
www.reiterreisen.com
www.nomadicjourneys.com

Sechs Stunden ist die Mongolei der Schweiz voraus. Doch fühlt sich ein Ritt im Land der Pferde an wie eine Reise in die tiefe Vergangenheit. In eine andere Zeit, ein anderes Leben, einen anderen Raum. Das Handy – sonst Nabel der Welt – bleibt die ganze Woche zuunterst im Rucksack. Ausgeschaltet. Empfang hat’s sowieso keinen. Auch Internetcafés, Teerstrassen, Strommasten oder Häuser sucht man vergebens. Stattdessen trifft man auf karge, weite Steppe, soweit das Auge reicht. Schafe grasen, eine wilde Pferdeherde hebt die Köpfe. Ein Mongole braust auf einem alten, klapprigen Motorrad vorbei.
Als Namuul, einer der einheimischen Guides, ein leises «Chu-Chu» zischt, fangen die Hufe der kleinen mongolischen Reitponys zu trommeln an. Wie Nähmaschinen rattern sie über den Boden. Sand wirbelt auf und der Wind pfeift um die Ohren. Ein kleiner Fuchswallach mit weissen Punkten im Gesicht verwirft den Kopf, spannt seine Brust und drängt nach vorne. Der Schecke folgt. Und auch der kleine Braune, der einem Przewalski gleicht, erhöht willig das Tempo. Alle wollen ihre Nüstern an vorderster Front haben, galoppieren neben- oder knapp hintereinander. Kein Gerangel. Kein böser Blick. Und trotz des erhöhten Tempos weichen die Pferde geschickt den grossen und kleinen Maulwurfslöchern sowie den kaputten Wodkaflaschen aus. Das ist besser als jede Lebensversicherung.
Kenn ich nicht – fress ich nicht
Noch am ersten Tag waren die Blicke der Reiter aus der Schweiz, aus Schweden, den USA und Deutschland nach der ersten Besichtigung der Pferde skeptisch. «Oh, sind die aber dünn und klein», sagt eine junge Frau. Ein anderer meint: «Da sieht man ja die Rippen.» Und wirklich: Die Pferde standen mit hängenden Köpfen rund um einen Baum angebunden. Die Augen halb geschlossen, dösten sie vor sich hin. Die Mähnen gestutzt, die Schweife verfilzt und die Kuppen eingefallen. «Der Winter war hart und lang», erklärt Namuul.
Für die Pferde heisst das: Wenig Futter. Denn die Vierbeiner verbringen das ganze Jahr über wild draussen in der Steppe. Erst kurz vor den Trekkingtouren werden sie eingefangen. Hafer oder Kraftfutter sind den Pferden deshalb ein Fremdwort. Als Patrik dem kleinen Fuchs einen Apfelschnitz hinstreckt, wendet dieser mit gerümpften Nüstern den Kopf ab. Was das Mongolenpferd nicht kennt, frisst es nicht. Auch den anschliessenden Zuckertest meistert der Kleine erfolgreich: Er schaut die süsse Verführung desinteressiert an und streckt sein Maul wieder ins dürre Gras.
«Wie viele Rinder hast du?»
Das mongolische Kleinpferd gehört zu den ältesten Pferderassen der Welt. Schon bei den Eroberungsfeldzügen von Dschingis Khan spielten die kleinen Kämpfer eine wichtige Rolle. Heute halten die Nomaden insgesamt über drei Millionen Tiere. Damit leben mehr Vier- als Zweibeiner im Land.
Und zwar unter ruppigen Bedingungen: Im Winter wird es bis zu minus 30 Grad kalt, im Sommer hingegen können die Temperaturen über 40 Grad klettern. «Die Pferde haben alles, was es zum Überleben in der Steppe braucht: Sie sind zäh, intelligent, schnell und gutmütig », sagt Alexandre stolz und kneift seine braunen Augen zusammen, sodass sich sein braungebranntes, wettergegerbtes Gesicht noch mehr in Falten legt. Der 61-Jährige ist der Leithengst, das Alphatier, der weise Mann. Er wohnt seit jeher in der Steppe. Lebt mit und für seine rund 50 Pferde, seine Schafe, seine Yaks, seine Frau und seine sechs Kinder.
Er trifft die Entscheidungen: Wo reiten wir durch? Wo machen wir Pause? Wer reitet welches Pferd? Mit geübtem Blick weist er am ersten Tag die Pferde zu – ohne nach den Reitkenntnissen zu fragen. «Ich spüre, welches von meinen Pferd zu welchem Reiter passt», sagt er. Geirrt hat er sich selten. Vor 20 Jahren fing Alexandre an, Touristen seine Heimat zu zeigen, zuerst Jägern und Abenteurern. Mit der Zeit kamen immer mehr Naturliebende und Pferdebegeisterte der Steppe auf den Geschmack. Menschen aus aller Welt brachte Alexandre die Mongolei näher. Er selbst verliess das Land jedoch nie. Er vermisse die Steppe schon, wenn er nur einen seiner Söhne in Ulan Bator, der Hauptstadt, besuchen gehe. «Nach zwei Tagen muss ich zurück», sagt er bestimmt. Der Lärm, die Hektik, das ist nichts für ihn. Ähnlich resistent ist er gegenüber dem Lernen anderer Sprachen: Mongolisch, ja – sonst beruht die Verständigung auf erhobene Daumen, breites, zahnloses Lächeln oder ratloses Kopfschütteln. Und im Notfall ruft er nach Namuul, dem einzigen Mongolen in der Gruppe der Helfer, der Englisch spricht.
Mittlerweile ist es Mittag geworden und die Sonne brennt vom Himmel. Die Gesichter der Reiter haben alle denselben bräunlich-staubigen Teint angenommen. Auf einer kleinen Anhöhe steigt Alexandre ab. Zusammen mit Namuul und Tulga, einem weiteren Begleiter, binden sie den Pferden die Vorderbeine aneinander. Am Boden sitzend, leeren alle ihre Picknicktaschen. Danach halten einige einen Mittagsschlaf, andere schwatzen oder fotografieren.
Alexandre liegt seitlich und raucht seine West-Zigarette. Vor ihm liegen schon zwei Stummel im Gras. Wie viele Pferde wir besitzen, fragt er uns via Namuul. Antwort: Keine. Und Rinder? Keine. Und Kinder? Keine. Bei jeder Antwort werden Alexandres Augen grösser, wird sein Blick unverständlicher. Am Ende schaut er fast mitleidig. Seine Welt könnte gegensätzlicher nicht sein. Statt Pferde zählen in Europa Banknoten. Kinder werden durch Karriere ersetzt. Und das Fleisch kommt aus der Migros-Gefriertruhe. Doch auch in der Steppe schleicht sich der Wandel an. Einige Nomaden haben eine Satellitenschüssel vor der Jurte installiert. Junge suchen ihr Glück und Geld in der Stadt. Wie Namuul. Der Guide mit blauem Kapuzenpulli, Jeans und rassiger Sonnenbrille ist in der Wüste Gobi aufgewachsen. Auch er lernte wie fast alle Nomaden reiten, bevor er richtig laufen konnte. Dann ging er nach Ulan Bator, studierte und verliebte sich.
Ausgleichende Gerechtigkeit
Heute lebt der 25-Jährige mit seiner Familie in einer Einzimmerwohnung. Im Winter halten ihn Gelegenheitsjobs über Wasser, im Sommer aber blüht er auf. Dann geht er mit den Touristen in die Steppe. Übersetzt. Steht für Fragen bereit. Ist die Anlaufstelle für Ängste, Wünsche und Klagen. «Ich liebe diesen Job. Nur schade, dass ich in dieser Zeit von meiner Familie getrennt bin», sagt Namuul. Er trommelt seine Schäfchen zusammen. Weiter geht’s.
Alexandre, wie immer an vorderster Front, hängt sich seitlich aus dem Sattel, und schon trabt sein schneller Schimmel los. Die andern folgen. Ein kurzes «Chu-Chu» und die Pferde fallen automatisch in leichten Galopp. Neben mir reitet Tulga leise summend. Gemütlich zündet er sich eine Zigarette an, schaut sich um. Er und Namuul sind immer bereit: Sei es, um Satteltaschen zu richten, Pferde zu stoppen oder Gurte nachzuziehen.
Nach sieben Stunden kommen die Reiter im Zeltlager an. Drei Helfer und zwei Köchinnen haben das Gepäck mit Yakkarren zum neuen Standort transportiert. Ähnlich wie an den Abenden zuvor sind die Zelte nahe bei einem Fluss aufgestellt, wo die Touristen den Staub der Steppe wenigstens für wenige Stunden abwaschen können. Ein wenig Härte ist dabei verlangt: Das Wasser ist kaum wärmer als gefühlte 12 Grad. Dafür ist das mitgeschleppte Bier warm – ausgleichende Gerechtigkeit.
Vegetarier – wie seltsam
Die Mongolen sind derweil emsig beschäftigt. Ein Blick hinter die Jurte zeigt auch wieso: Alexandre hat einem Lamm die Kehle durchgeschnitten. Nun sind sie daran, das Fleisch zu zerschneiden. Die junge Köchin wedelt die Fliegen davon. In einer grossen Milchtonne brodelt das Fleisch zusammen mit heissen Steinen, Kartoffeln und Karotten eine halbe Stunde. «Das ist traditionelle mongolische Küche», sagt Namuul. Mit den Händen und mit einem grossen Lachen greifen die Mongolen zu. Endlich mal wieder so richtig viel Fleisch. An den vorherigen Tagen ging es nach dem Gusto der Europäer: viel Gemüse, Pasta und Reis. Wenig Fleisch. Für die zwei Vegetarier haben die Einheimischen wenig Verständnis – kein Fleisch ist in der Steppe gleichbedeutend mit Selbstmord. Nach dem Essen kugeln sich die Reiter satt und müde in ihre Zelte. Eine kleine Katzenwäsche und schon bricht die letzte Nacht an.
Am Morgen dann: Das letzte Mal von den Rufen der unzähligen Kuckucks aufgewacht. Das letzte Mal die treuen Pferde bestiegen. Ihre schier unendliche Energie gespürt. Zurück im Camp geht es schnell: Kaum sind die Pferde abgesattelt und abgezäumt, lassen wir sie los. Zögerlich bewegen sie sich fort. Einige strecken ihre Köpfe zum Fressen auf den Boden. Der kleine Weisse treibt die Pferde Richtung Horizont. Dort bleiben sie stehen. Nun fängt ihre Zeit der Freiheit an.
text und fotos Sarah Forrer

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