Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) nennt es ein «Fossilien-Trio» und ein «Dino-Podest», die Einzel-Entscheidung im Springreiten an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. 150 Jahre bringen Nick Skelton, Peder Fredricson und Erlic Lamaze zusammen. Ein stolze Zahl, die nur von jener im Team-Wettbewerb der Disziplin übertroffen wird. Die britische Equipe mit Skelton, den Bründer John und Michael Whitaker und dem 33-jährigen «Benjamin» Ben Maher brachte 203 Jahre zusammen. Die Senioren haben in Brasilien das Springreiten dominiert. Auf dem Podest weinte der 58-jährige «Dinosaurier» Skelton freilich wie ein kleines Kind. Die Einzel-Goldmedaille ist ja auch die Krönung einer langen Karriere mit Höhen und Tiefen, die ihre Spuren hinterlassen hat, wie die FAZ erkannte: «Skelton liess sich von seinem Groom ein Leiterchen aufklappen, mit dessen Hilfe er zurück in den Sattel von Big Star stieg.»
Der älteste Reiter, der jemals Olympiasieger wurde, hat sich schon Schultern und Beine gebrochen, er hat ein künstliches Hüftgelenk. Und im Jahr 2001 schien die Karriere beendet, als er von einem jungen Pferd fiel und sich zwei Halswirbel brach. Entgegen dem Rat der Ärzte begann Skelton nach einer Zeit doch wieder zu reiten – und kam im Sattel von Big Star auf die Grosse Bühne zurück. Team-Gold in London 2012 und bloss wegen einem Abwurf nicht im Stechen gegen den nachmaligen Olympiasieger Steve Guerdat. 2013 gewann Skelton den Grossen Preis von Aachen – zum vierten Mal. Die Prestigeprüfung hatte er schon 1982 mit Everest if Ever und 1987 sowie 1988 mit Apollo gewonnen. «Bei meinem letzten Sieg war Janika wohl noch gar nicht geboren», hatte Skelton damals in Anspielung auf den zweiten Platz von Janika Sprunger gesagt. Die lange Karriere des Briten spiegelt sich auch an den Olympischen Spielen. 1988 in Seoul war die erste von nun schon sieben Teilnahmen.
Skelton steigt nur noch in den Sattel von Big Star. Wenn der 13-jährige Hengst aus niederländischer Zucht, aus dem Sport verabschiedet wird, dann wird das auch der Abschied von Nick Skelton sein. Das ist anders als bei Steve Guerdat. Er hat noch viele Ziele, auch wenn Nino des Buissonnets in Rente geht. Die Rente dürfte Skelton übrigens in den USA verbringen. Seine Lebenspartnerin ist die amerikanische Springreiterin Laura Kraut. Zu Hause in Alecester, rund 35 Kilometer südlich von Birmingham, widmet sich die nächste Generation Skelton einer anderen Disziplin. Dan Skelton, der älteste Sohn von Nick, zählt zu den aufstrebenden Trainern im englischen Hindernisrennsport, sein jüngerer Bruder Harry Skelton ist ein vielversprechender Hindernis-Jockey. In der Nacht auf heute Samstag twitterte er: «Ich kann nicht allen genug danken, die mir wegen meinem Vater schrieben. Ich bin wirklich verblüfft und gerührt.»
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