Es sind noch knapp vier Wochen bis zum ersten Glockenzeichen auf dem St. Galler Gründenmoos. Für die neue OK-Präsidentin Nayla Stössel kein Grund zur Nervosität. Im Gegenteil, sie strahlt Ruhe aus und schildert den Stand der Vorarbeiten gelassen mit dem Hinweis, im Gründenmoos draussen habe man nun mit den Bauarbeiten begonnen. Ganz neu ist für Frau Stössel die Aufgabe schliesslich nicht. In den vergangenen zwei Jahren assistierte sie ihrem Vater Peter Stössel, der dem Anlass 25 Jahre lang vorstand, intensiv, lernte die zeitlichen Abläufe kennen und weiss daher, dass in der ersten Jahreshälfte die Hauptarbeit anfällt. Selbst die von der Fédération Equestre Internationale (FEI) Anfang Jahr aufgegleiste neue Weltordnung für den internationalen Springsport in Sachen der Nationenpreis-Sportformel und des gewichtigen Schulterschlusses mit Longines sorgte in St. Gallen für keine Unruhe. «Longines ist für uns seit elf Jahren ein guter und verlässlicher Partner», hebt die OK-Präsidentin hervor und fährt fort: «Wenn die einen gewinnen, müssen andere etwas aufgeben!» Will man das Positive in der Neuerung sehen, so liegen die Vorteile für den Pferdesport für sie darin, dass die bisher auf Europa konzentrierte Nationenpreis-Serie künftig weltweites Interesse finden wird: «Die neue Formel sprengt den bisher kleinen Kreis und gewinnt für mich neue Ausstrahlung. Auch mehr Publizität dank den eingeschossenen 16 Millionen Euro in den kommenden vier Jahren.» Freilich hat sie auch Glück, denn die Schweiz ist in der Europa Division 1 eingeteilt, was die gleichen Nationen wie bis anhin aufs Gründenmoos bringt und Spitzenspringsport bieten wird.
Studiert hat Nayla Stössel in Lausanne und Florenz Politikwissenschaften, gearbeitet hat sie bis zur Übernahme des CSIO-Präsidiums während fünf Jahren in der Management Education bei Malik in St. Gallen und sich in diesem angesehenen Institut zweifellos Kenntnisse angeeignet, um dem Ostschweizer Top-Event zu weiteren Höhepunkten zu verhelfen. Unter Erfolgsdruck steht sie natürlich schon, den seit mittlerweile 60 Jahren existierenden und auch bei der öffentlichen Hand breit abgestützten Anlass auf Erfolgskurs halten zu können.
Die Lizenz der FEI für die Durchführung des einzigen Springsportanlasses mit Nationenpreis hat sie bis 2024 zwar im Sack, mit dem Titel «Concours de Saut International Officiel» allein werden aber keine Logen verkauft, drängen sich keine Sponsoren nach vorne, füllt sich das Stadion nicht mit Besuchern. Nayla Stössel ist sich dessen sehr wohl bewusst, weiss als Pferdefreundin und Reiterin um die Stärken des Turniers: «Das Herz des Anlasses müssen wie seit Anbeginn die Pferde sein. Alle Zuschauer im Gründenmoos müssen aus Freude kommen. Der CSIO ist nicht einfach eine von einem Event Management kreierte Form, St. Gallen ist echt, herzlich und sehr authentisch.»
Im Kern soll der CSIO St. Gallen denn auch traditionell bleiben, was für die neue OK-Präsidentin allerdings nicht heisst, dass es zu keinen Änderungen kommen kann. Den stark wachsenden Ansprüchen müsse man gerecht werden, der Umwelt sei man als Organisator stark ausgesetzt. So sieht sie denn die viertägige Veran-staltung als ein multiples Dienstleistungsunternehmen, das den Wünschen der Reiter, des Verbandes oder der Öffentlichkeit nachkomme sowie die Vorstellungen der Zuschauer zu befriedigen habe. Es gilt, die Kernaufgabe nicht aus den Augen zu verlieren. Um die richtige Antwort ist sie jedoch nicht verlegen: «St. Gallen hat immer den Sport in den Mittelpunkt gestellt.» Wäre es unter dieser Voraussetzung sogar möglich, in St. Gallen wieder -einer Europameisterschaft beiwohnen zu können? Die Frage entlockt ihr ein Lächeln: «Warum nicht, dann könnte man endlich einmal die Bodenprobleme an der EM 1995 zum Vergessen bringen!»
Die Vorfreude auf den CSIO 2013 ist bei der OK-Präsidentin deutlich zu spüren. Das Springturnier kennt sie schliesslich seit Kindheit. Und weil sie damit aufgewachsen ist und es in bester Erinnerung hat, hat sie das Unternehmen völlig «stressfrei» übernehmen können. Als Reiterin versteht sie es zudem differenziert, die Zügel fein in den Händen zu halten, um dem Ross den Weg zu zeigen, es aber nicht am Vorwärtsdrang zu hindern. Kontinuität ist beim CSIO garantiert, auch durch die einzige festangestellte Sekretärin Silvia Rivetti, die seit zehn Jahren dabei ist und von Nayla Stössel als «lebendiges Nachschlagewerk» gelobt wird.
Ein grosses Volksfest waren die St. Galler Pferdesporttage schon immer. Die Modeschauen, Wagenkorsos, Reit- und Voltigevorführungen oder ein Tag der Jugend liessen sie weit über die Reitergemeinde hinaus auf Interesse stossen. Am Volksfestcharakter hat sich bis heute nichts geändert, denn mit Bratwurst und Bürli setzen Organisatoren, Funktionäre und Reiter alljährlich den Schlusspunkt hinter den Ostschweizer Traditionsanlass.
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